Plexiglas (Acryl, PMMA, Piacryl) ist ein beliebtes Material beim Bau von Unterwassertechnik, seien es nun U-Boote, ROV's, Lampen oder UW-Kaneras. Es ist verhältnismäßig leicht zu beschaffen, ist relativ fest und wegen seiner Durchsichtigkeit hat man eine gute Kontrollmöglichkeit über das, was sich im Innern abspielt (man sieht aber auch die Unordnung drinnen). Wenn man dann an den Bau geht, merkt man manchmal aber recht schnell, dass es da auch Einschränkungen gibt, die man kennen und beachten muss, will man nicht Schiffbruch erleiden.
Plexiglas begegnet man in zwei Herstellungsformen. Es gibt extrudiertes Material (XS) als Platten und Rohre und auch die gegossenen Form (GS), meist als Rohr. Beide Formen habe Vor-und Nachteile, die man kennen sollte.

Extrudierte Material:
Es kommt wohl am häufigsten vor und wird mit Hilfe eines Extruders (Presse) als Plattenmaterial, als Rohr oder als Profilstab hergestellt.
Acryl XT ist recht preiswert, hat aber den Nachteil, dass es wegen des Herstellungsprozesses einen hohen Anteil an inneren Spannungen aufweist, die sich gern und hauptsächlich an den unangenehmsten Stellen durch Spannungsrisse bemerkbar machen. Rohre sind relativ genau rund und auch Wandstärkenabweichungen halten sich in Grenzen.

Gegossenes Material:
Acryl GS ist mir bisher nur als Rohr begegnet, weil ich gezielt danach gesucht habe, aber auch alle anderen Formen sind lieferbar. Acryl GS ist die teurere und auch qualitativ höherwertige Variante, wobei insbesondere die geringere Rissempfindlichkeit und die bessere Alterungsbeständigkeiit von Bedeutung sind. Rohre weisen eine höhere Unrundheit auf, Wandstärkenabweichungen sind größer und die Wand ist etwas dicker als bei extrudiertem Material, so jedenfall die Erfahrung bei 90er Rohr.

Arbeiten mit Acryl
In der Regel wird wohl eher das extrudierte Material eingesetzt und so dürfte die Frage im Raum stehen, wie man sich gegen die negativen Auswirkungen schützen kann.
Hier erst einmal ein Beispiel aus meiner Praxis. Für mein ROV1 hatte ich zwei Acrylrohre seitlich mit Bohrungen und Gewinde M10x1 mm versehen, um die Motorgondeln zu befestigen. Soweit, so gut. Dann kam mir die Rohrwandung etwas schwach vor und so beschloss ich, Verstärkungen aufzukleben. Damit nahm das Unheil seinen Lauf. An der einen Bohrung bildeten sich kleine radiale Risse, die aber im Bereich der Klebestelle blieben, also tolerabel waren. Am zweiten Rohr bildete sich ein Riss, der sich wendelförmig mit einer Steigung von 45° um das Rohr entwickelte. Nur eine schnell eingebrachte Bohrung an der Vorderfront des Risses gebot diesem Einhalt, und so konnte wenigstens der Rest des Rohres für andere Arbeiten gerettet werden. Anrisse fanden sich später auch an den eingeklebten Scheiben der Scheinwerfer, sodass diese sicherheitshalber auch ausgetauscht wurden. Für das Rohr wurde später dann gegossenenes Material eingesetzt, wobei man sich das hätte sparen können, wenn man über das Material mehr gewusst hätte.

Der Grund für diese Vorgänge sind, wie bereits erwähnt, innere Spannungen im Material durch die Herstellung, wobei durch die mechanische Bearbeitung weitere hinzukommen. Wird dann noch geklebt (der normale Acrylkleber löst das Material an und setzt die Spannungen frei), dann produziert man mit hoher Wahrscheinlichkeit Schäden.

Was ist nun zu tun. Ganz einfach - die Spannungen müssen beseitigt werden. In der Metallindustrie wurden Halbzeuge und Fertigerzeugnisse schon immer wärmebehandelt (Spannungsfreiglühen, Tempern) und auch hier ist so ein Verfahren angebracht, natürlich bei niedrigeren Temperaturen. Acryl XT soll bei 70°C und Acryl GS bei 80°C getempert werden. Im privaten Bereich dürfte man von einer beliebigen Temperatur in diesem Bereich ausgehen können. Ein geeignetes Gerät ist ein vernünftiger Herd mit ausreichend großer Backröhre, die elektrisch beheizt und mit einem Digitalthermometer ausgerüstet sein sollte. Bevor man zur Tat schreitet, sollte man die Temperaturanzeige mit einem anderen genauen Thermometer abgleichen, denn die Anzeigen am Herd dürften nicht immer genau sein (habe ich nicht gemacht, ich hatte Vertrauen in meinen Herd, bei der Weihnachtsgans hat es ja auch geklappt). Dann kommt das Teil in die Backröhre und der Herd wird auf Temperatur gebracht. Bitte nicht die Umluftfunktion benutzen, denn da besteht die Gefahr der örtlichen Überhitzung. Für die Zeitdauer des Temperns gibt es eine Formel, diedie Wanddicke des Teils berücksichtigt:

Wanddicke / 3= Zeitdauer [h]

Das Teil darf danach nicht aus dem Ofen genommen werden, sondern muss langsam Abkühlen. Dafür gibt es auch Vorschriften, ich habe aber einfach den Ofen ausgeschaltet und gewartet, bis die Restwärme etwa auf Zimmertemperatur war. Mit diesem Verfahren hatte ich jedenfalls Erfolg.
Ideal ist, wenn man das Rohmaterial nach dem Zuschnitt tempert und nach Abschluss der mechanischen Bearbeitung den Vorgang wiederholt, um Spannungen, die durch die Bearbeitung entstanden sind, auch noch zu beseitigen. Ist zwar zeitaufwändig (schreibt man heute so), aber besser als eine zerstörte Konstruktion.

Bohren von Acryl
Das ist auch so ein Kapitel für sich. Bohrer fressen sich regelrecht ins Material und man bekommt oft Ärger. Eine Gegenmaßnahme ist festes Einspannen (also nicht so freihand) und stufenweises Aufbohren. Ein Mitarbeiter der Fa. Grünberg in Berlin, wo ich mal vor längerer Zeit Acryl kaufte, gab mir den Rat, Bohrer so anzuschleifen, dass die Querschneide nicht mittig sitzt, sondern etwas außerhalb der Mitte. Er meinte, durch seine lange Praxis kann er Bohrer gar nicht mehr anders schleifen. Ob das wirklich hilft, weiß ich nicht. Ich glaube, ich kann auch keine Bohrer wirklich mittig schleifen, allerdings eher aus anderen Gründen. Es hilft auf jeden Fall viel Vorsicht.
Sehr gute Erfahrungen habe ich mit den einfachen Stufenbohrern gemacht, die oft günstig bei den Discountern angeboten werden. Die bohren präzise Löcher, allerdings nur volle Millimeter in 2mm-Abstufungen. Mit denen habe ich die Löcher für die Magnete an meinen Thrustern gebohrt. Funktionieren solle auch einschneidige kegelförmige Bohrer, wobei man da natürlich auch keine präzisen Löcher bekommt.
Vermutlich kann man mit den beschriebenen Werkzeugen zumindest vorbohren und dann mit dem Spiralbohrer nur das Endmaß herstellen.

Kleben von Acryl
Dafür gibt es spezielle Acrylkleber, die das Material allerdings immer anlösen und auch nur gedacht sind, Acryl mit Acryl zu verbinden. Ich hatte nun das Problem, Acrylscheiben mit PVC zu verkleben, also unterschiedliche Materialien zu verarbeiten. Ob und wie der Acrylkleber mit dem PVC klarkommt, wusste ich nicht. Der erste Versuch klappte zwar, produzierte aber die beschriebenen Spannungsrisse. Ich habe daher auf UHU PLUS ACRYLIT EXPRESS (2 Komponenten) zurückgegriffen und mit dem hat es gut geklappt, auch das Einkleben metallischer Buchsen in PVC und Acryl. Diesen Kleber gibt es auch von anderen Herstellern, aber da ist die zweite Komponente (Pulver) staubfein und lässt sich nicht so gut mischen wie bei UHU. Für das Aufeinandersetzen von Acrylplatten dürfte der Kleber aber eher nicht geeignet sein, denn ich glaube, bei Biegebeanspruchungen hält das dann nicht.

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